Künstlerisch repariert

Neue Zürcher Zeitung, 27. Dezember 2014, S. 16

Es mag sein, dass Reparieren wie Vintage und Urban Gardening bald zum Retro-Jargon der Neo-Ökos gehört. Orte, wo man unter Anleitung unentgeltlich flicken kann, sind in Zürich aber nichts Neues. Nur kennt diese kaum jemand. Zu diesem Schluss kam Christian Pfeifer, der für seine Design-Masterarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste Angebot und Nachfrage an Selbstreparaturhilfe in der Stadt Zürich untersuchte. Der gebürtige Leipziger berichtet von einem grundsätzlichen Bedürfnis und einem guten Dutzend Angeboten, die aber schwierig zu finden seien. Anstelle einer eigenen Reparaturstätte lancierte er deshalb ein Vermittlungsangebot, um das Bewusstsein fürs Reparieren zu fördern und auf bestehende Angebote hinzuweisen. Mit einer mobilen Reparaturbank zog Pfeifer im Frühling 2014 durch Zürcher Bars, zurzeit arbeitet er an einem Online-Reparaturverzeichnis für die Stadt Zürich. «Ich will damit keine Leute mit einer Erwartungshaltung, dass alles möglichst schnell gehen muss, anziehen», sagt Pfeifer. Bedienmentalität habe in einer Reparaturwerkstatt nichts verloren.

Seine Reparaturbank ist im Frühling 2015 in der Ausstellung «Do It Yourself Design» im Museum für Gestaltung zu sehen.

Lernt reparieren

Hochparterre, August 2014, S. 21

Der Obsoleszenz eine lange Nase drehen, das will auch Christian Pfeifer. Der Architekt hat eben an der ZHdK einen Master of Design abgelegt. Seine Arbeit «Zürich repariert» nimmt auf, was als Trend in grossstädtischen Repair-Cafés gelebt und diskutiert wird: «Wer die Lust am Reparieren entdeckt, entwickelt erstens ein besseres Verständnis für reparierbare Objekte, was künftige Kaufentscheidungen beeinflusst. Zweitens trägt er Sorge zu seinen Dingen. Und drittens wird er geflickte Gegenstände länger nutzen.» Gelernt hat er das von seinem Grossvater, der in der DDR lebte. Die Theorie lieferte ihm der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech und dessen Postwachstumsökonomie. Das Modell eines «zukunftsfähigen Konsums» basiere auf selbermachen, teilen und reparieren. Weil die Industrie einiges effizienter und zum Teil auch nachhaltiger herstellen kann, als die boomende «Makers Culture» suggeriert, konzentrierte sich Pfeifer auf das Thema Reparieren. Auch deshalb, weil der dort die grössere Herausforderung für das Produkt- und Industriedesign vermutet – komplexer als dies bei Sharing-Konzepten der Fall ist, die weitgehend unabhängig vom Design der Produkte funktionieren.